Taubergießen – quo vadis? Was passiert jetzt?

Der Blick auf den Wetterbericht macht dem Taubergießen und mir Angst. Die nächsten 16 Tage soll bestes Sommerwetter sein. Da kommen die Menschen von überall her in den „letzten Urwald am Oberrhein“. Ist der Aufschrei gegen die Verschmutzung und den Missbrauch des Taubergießens als Badeparadies lauter geworden? Oder wird er nur zu einer Chronologie des Versagens?

Am Sonntag, 26.7. ging sogar die Polizei mal zur Kontrolle mit dem Fischerkahn auf Streife. Leider war das Wetter sehr durchwachsen und so waren wohl nur 15 Prozent des üblichen Besucheraufkommens zu verzeichnen. Egal, das Regierungspräsidium verfasste am anderen Tag gleich ganz fleißig eine Pressmitteilung. Das Bild erinnert zwar mehr an eine idyllische Kahnfahrt, als an eine Kontrolle, aber man kann ja mal auf der PR-Schiene heftig mit dem Säbel rasseln, wenn man sonst keinen richtigen Plan hat, wie man diesen Missstand in den Griff bekommt.

„Bei einer Kontrollaktion am Sonntag haben Polizei und Regierungspräsidium für die Regeln im Naturschutzgebiet sensibilisiert“, schreibt das Regierungspräsidium in seiner Pressemitteilung. Foto: RP Freiburg

Inzwischen sind auch die Tageszeitungen aufgewacht und nehmen das Thema ernster. Bei der Berichterstattung entsteht der Eindruck, als ob diese Vorfälle erst in den letzten Wochen oder Tagen passiert sind.

Die Chronologie des Versagens?

Ich habe mal meine Facebook-Einträge durchforstet und festgestellt, dass ich bereits am Ostermontag auf die unsinnigen Zustände im Taubergießen hingewiesen habe und viele Leute bestätigten mir die gleichen Beobachtungen. Übrigens: Der Ostermontag war der 13. April.

Bereits am 13. April wurde gewarnt
 

Vor rund zwei Wochen fand ein Pressegespräch statt, bei dem Bettina Saier von der „Ökologischen Station Taubergießen“ zwei freien Mitarbeitern der Lokalzeitungen in den Block diktierte, wo die Probleme derzeit im Argen liegen. Das geschah vielleicht auch aus Eigennutz. Es könnte ja sein, dass Saier beim Regierungspräsidium und den Gemeinden einfach noch ein bisschen den Geldhahn für zusätzliches Personal aufdrehen wollte, das im Gebiet patrouillieren soll. Das wäre augenscheinlich keine schlechte Taktik, aber das Taubergießen braucht Menschen, die mit staatlicher Gewalt ausgestattet sind, um Personalien zu überprüfen, Identitäten festzustellen, zu ermahnen und zu bestrafen.

Nach der Veröffentlichung in den Tageszeitungen wurde dann die bereits erwähnte Kontrollfahrt organisiert, die Verstöße an den Tag brachten, die zur Anzeige gebracht wurden, allerdings nur Parkverstöße. Es wurden aber auch mehrere Verwarnungen ausgesprochen, und das bei minimalster Besucherzahl.

Der komfortable Alukahn des Regierungspräsidiums dümpelt ungenutzt im Wasser.

Nach dem Blogbeitrag von mir wurde die Sache noch einmal größer in den Tageszeitungen aufgeblasen. Der Kommentar meines Kollegen Kovacs, der in seinem Artikel meinen Blogbeitrag zitiert, eiert ein bisschen in der Materie rum. Aber der Kollege ist sich nicht zu schade meine Wortwendung „zahnloser Tiger“ in seinem Kommentar zu verwenden. Das darf er aber, wenn es was für das Taubergießen bringt, sage ich.

Nichts Besseres eingefallen? Quelle: BZ-Online

Tatsache ist, dass alle Stellen ziemlich ratlos dieser Zerstörung gegenüber stehen und auch die Schutzaussage „Nach Corona wird es weniger und besser“ bringt in diesem Fall nichts. Wir wissen nicht, wann die Zeit „Nach Corona“ ist, weil die Fallzahlen wieder nach oben gehen. Und wir haben es hier mit dem Phänomen eines völlig ignoranten und egoistischen Spezies zu tun, der das Naturschutzgebiet zerstört. Diese Spezies zelten sogar mitten im tiefsten Schutzgebiet und grillen dort. Bei Verwarnungen kommt die Schutzbehauptung „Das habe ich nicht gewusst“ ins Spiel. Das gefriert einem das Lächeln ein.

Guter Rat ist teuer und wenn der Staat und die Kommunen es selbst nicht geregelt bekommen, wer dann? Eine Beratungsfirma? Wichtig wären jetzt Taten und keine Worte. Polizeistreifen auf E-Rollern oder E-Bikes im Gebiet, mit dem Kahn einmal die bekannten Strecken abfahren. Es sind ja die bekannten Punkte, wo die Vergewaltigung der Natur passiert. Man muss es nur wollen.

Und mir stellt sich natürlich auch die Frage nach der neuen Bürgerinitiative „Jetzt langt´s“, die sich ja im letzten Jahr formiert hat und auch bei der Einweihung der neuen Beschilderung der Besucherlenkung im Taubergießen ihre Schilder hoch hielt, um auf sich aufmerksam zu machen. Diese Bürgerinitiative hat sich ja auf die Fahnen geschrieben, dass sie das Taubergießen und unsere Heimat schützen will. Komischerweise kam aber kein Aufschrei gegen die fast 300 Schilder an feuerverzinkten Stahlposten in einem Schutzgebiet, in dem ja viel Holz wächst. Auch solche Holzsorten übrigens, die witterungsresistent sind. Warum also völlig fremde und ortsuntypische verzinkte Pfosten in einem Schutzgebiet? Auch eine differenzierte Betrachtungsweise unserer Lokalzeitungen hätte ich zu diesen Pfosten erwartet, die zum Taubergießen passen, wie ein Nutria zu einer Ordenssammlung.

..zum Erhalt unserer lebenswerten Region Quelle: Homepage

Die Initiative „Jetzt langt´s“ sollte jetzt ihre Sympathisanten formieren und öffentlichen Druck machen, dann habe ich Respekt vor den Akteuren, deren letzter Beitrag auf der eigenen Homepage (ein Leserbrief eines Mitgliedes in der BZ) vom 4.3.20 ist. Oder bezieht sich das vehemente „Jetzt langt´s“ nur gegen die Pläne des Europa-Parks?

Es stehen uns noch ein paar Wochen Ferien bei bestem Wetter ins Haus und die Politik überlegt und diskutiert über mögliche Maßnahmen. Diese Maßnahmen müssten eigentlich schon längst greifen, das Problem ist seit dem Frühling bekannt.

In den nächsten Tagen wird munter auf der einen Seite des Doppelwehrs gebadet und gesonnt. Auf der anderen Seite gibt es übrigens kleine Kiesbänke, wie romantische Inseln. Dort wird dann die menschliche Notdurft verrichtet: Fäkalien und Klopapier zieren jetzt diese schönen kleinen Schätze und es stinkt ganz gehörig, nicht nur dort.

Bernhard Rein

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